Reisetagebuch 1999
Seite 2
Freitag, 23 Juli
Der leichte Nieselregen hat sich als Dauergast dazu gesellt als wir
den Arnavatnstóra verlassen. Es ist absolut windstill und nur noch 9 C°.
Soviel zum Wetter Gott, der wohl allen gerecht werden will. Die Piste fängt gut an.
Schon nach den ersten 100m löst sie sich im Nirwana auf. Tiefe
Grasnarben, Erosionsrinnen und wild durcheinander geworfene Felsbrocken
lassen keinen so rechten Weg erkennen. Wir entscheiden uns für eine
ungefähre Richtung und fahren weiter. So geht das fast den ganzen
Tag. Wenn wir eine Spur gefunden haben ist sie gemein holprig mit
Elefantenkopf großen Steinen gepflastert, schmierig und mit viel
Arbeit verbunden. Ein Weidezaun der uns den Weg versperrte, entpuppte
sich später als Markierung für das Ende der Welt! Baumi fürchtete zum ersten mal um seinen Ducato und nach 2 Stunden hatten
wir satte 2,5 km geschafft. Auf einem nicht in der Karte verzeichneten
Flugfeld machen wir Pause und versuchen Ordnung in unsere durchgeschüttelten Knochen zu bringen.
Während dessen nimmt der
Regen stetig zu und verwandelt die Strecke in eine schmierige
Seifenpiste. Der Hano fährt wohin er will und das hat Konsequenzen.
Es müssen Steine geschleppt werden um Löcher zu verfüllen und
die Autos am Abrutschen vom Hang zu hindern. Nach dem wir Lutz am
Bergegurt quer durch die Kurve geschleppt haben und alle anderen brav
hinterher rutschen, rettet Pit die Piste. Kurz vor der Ausfahrt um
17.20h Ortszeit gräbt er seinen Hanomag mit der Hinterachse bis zum
Koffer ein. Es wird gemunkelt, das Günter ihn in das Loch
"geschubst" hat. Denn nun bekommt er seinen lang ersehnten Spaß! Er darf
Pit's Hano aus der Suhle ziehen und sich eine
Kerbe (für "gerettete" Fahrzeuge) ins Lenkrad
schnitzen. Es muss geschippt und unterbaut werden, bevor der Hano aus
dem Loch ist. Nach einer Stunde Arbeit geht es mit einem rundum
zufriedenen und strahlenden Günter weiter. Die erste Fuhrt war nur 30 -
40 cm tief aber sehr breit und schnell fließend. Sah gefährlicher
aus als sie war. Nach 34km und 10 Stunden Fahrzeit auf der Arnavatnsheiði kommen wir bei den
Lavahöhlen von Surtshellir an.
Feierabend!! Genug gequält. Der Allrad will sich gar nicht mehr
heraus schalten lassen und bleibt somit einfach drinnen....Heute wissen
wir: - es gibt keinen vernünftigen Grund diese Piste zu fahren - aber Hand aufs
Herz! Schön und spannend war es trotzdem und fahren würden wir sie
auch wieder: Grundlos!!
Samstag, 24 Juli
Nach der gestrigen Piste sind wieder einige kleine Reparaturen am
Auto angefallen. Einer unserer Scheibenwischer hat sich verabschiedet
und muss erst einmal wieder neu befestigt werden. In der zwischen Zeit
laufe ich mit Uwe und Günter in den Lavahöhlen von Surtshellir
herum. Es nieselt, ist kalt 5C° - eigentlich ein typisches Island
Wetter. Warum sich also beklagen! In Hùsafell an der F578 wird getankt
und eingekauft. Ein Durchschnittsverbrauch von 23,5l ist schon recht
beachtlich. Wir fahren weiter auf der F550 - der Kaldidalur. Durch
dichten Nebel bahnen wir uns unseren Weg zwischen Ok und Þorisjökull.
Wir verlassen die gut ausgebaute Kaldidalur und wenden uns einer
Strommastenpiste zu. Sie führt uns durch grün bemooste Lava und
Sandfelder an die Südspitze des Langjökull. Hier biegen wir ab in
Richtung Süden und umrunden den Hlöðufell auf seiner Ostseite. Seitdem wir die Kaldidalur verlassen haben ist auch das
Wetter freundlicher geworden. Die Temperaturen liegen schon wieder bei
15C° und die Sonne scheint was das Zeug hält. Vor uns erstreckt
sich eine wunderschöne Landschaft mit Tälern aus Lavafeldern,
langen Sandfeldern und einigen steilen Steigungen. Die letzte zu
erklimmende Steigung hat es in sich. Im Schneckentempo arbeitet sich
unser Konvoi den Berg hinauf bis zum Pass des Miðdalsfjall. Die Aussicht ist grandios und der folgende Abstieg nach Laugarvatn hat
es dann auch in sich. Unten angekommen müssen wir feststellen, das
wir 1993 bei dem Versucht diesen Berg mit den Motorrädern zu befahren
gescheitert sind. Lockeres Gestein, dicke Steine und die extreme
Steigung ließen uns umkehren. In Laugarvatn auf dem Campingplatz bauen
wir uns eine Wagenburg, aktivieren den Grill und genießen den rotglühenden
Sonnenuntergang mit Blick auf die Hekla.
Sonntag, 25 Juli
Nach dem wir gestern noch lange draußen am Feuer gesessen haben, wurde heute länger geschlafen. Gegen 11.00h
rödeln
wir alles zusammen und machen uns auf in Richtung Hafnarfjörður der
Stadt der Trolle und Elfen. Über die "365" fahren wir in
Richtung Þingvellir und um runden den Þingvallavatn auf der
"36". In Hveragerði wird unser Hanomag - Konvoi wieder
zum Stau Auslöser als wir die Hellisheiði hoch schleichen. In
Reykjavik plündern wir noch einen großen Supermarkt und trennen
uns dann von Günter, der Brit vom Flughafen abholt. Der Rest fährt
nach Hafnarfjörður. Während ich alleine durch den schön
angelegten Elfenpark spaziere, - immer in der Hoffnung auch Wesen dieser
Gattung zu erblicken -, machen die anderen Pause. Unser Übernachtungsplatz
"Blauen Lagune" wird gekenzelt als wir bei dem Versuch das neu
angelegte Bad zu besuchen scheitern. Es ist furchtbar voll und immer
noch kommen weitere Busse und bringen neue Touris mit. Bei einem
"Sonderpreis" von 600IKR für 1Stunde planschen, fällt
uns die Entscheidung weiter zu fahren nicht sehr schwer. In Grindavík
fahren wir auf einen netten kleinen Campingplatz neben dem Schwimmbad.
Brit freut sich eben so wie wir auf das Wiedersehen und nach dem wir uns
alle im "Pub" versammelt haben wird es noch ein recht lustiger
Abend. Ich glaube die Isländer würden die Krise kriegen, wenn sie
sehen könnten, was wir hier alles auf dem Tisch stehen haben.....
Montag, 26 Juli
Also das Islandwetter kann schon eine ganz schöne Seuche sein. Es
ist so bedeckt, das die Wolken anfangen zu schwitzen. Es ist nicht
kalt!, es ist nicht warm!, es ist einfach nur klamm, diesig und nicht
schön!! Unsere Männer nutzen der Tag für eine komplette
Inspektion der Fahrzeuge und verwandeln den kleinen Platz innerhalb
kurzer Zeit in eine riesiges "Schlachtfeld". Überall liegen
Einzelteile der diversen Fahrzeuge herum....Das anschließende
schwimmen war zwingend nötig, denn sonst hätten wir unsere Männer
nicht wieder erkannt. Die Reiselust drängt zur Weiterfahrt und so
fahren wir noch ein paar Kilometer über die "427 und
42" durch Lavagebiete und am Geothermalgebiet von Krysuvík vorbei.
Weiter geht's entlang der Südküste auf der "38, 34 und
33" bis nach Stokkseyri. Direkt am Meer entern wir eine Holzbank
die im Windschatten hinter einer Mauer steht und machen es uns darauf
bequem. Da uns die Sonne wieder gefunden hat, müssen wir heute Abend
schon wieder grillen!! Man was geht es uns schlecht!!
Dienstag, 27 Juli
Wir folgen der "33, 305 und der 302"weiter
über kleine
Schotterpisten bis wir die Ringstraße erreichen. In Hella wird getankt und eingekauft. Der Ringstraße folgen wir bis zur
F249: Einfahrt zur Þorsmörk! Über Schuckelpisten und etliche
kleinere Wasserläufe erreichen wir den Eissee. Uwe ist weg! Er ist
umgekehrt, weil er ein Nr.- Schild verloren hat und will uns in der
Landmannalaugar wieder treffen. Wir machen die obligatorischen Bilder am
Eissee und fahren weiter durch die Krossá auf den Campingplatz. Einer
der Busfahrer erzählt uns, das vor einigen Tagen an der Südküste ein Gletscherlauf abgegangen ist.
Nachdem wir uns das Fotoalben "Autoversenken in der Krossá"
angesehen haben, fahren wir erneut durch den gefürchteten Fluss und ins
das nächste Tal.
Hier stehen wir auf einer großen Wiese am Markarfljót. Hinter uns
liegt ein kleines Birkenwäldchen mit vielen blühenden Blumen und
Blick auf den Gletscher des Eyjafjallajökull.
Mittwoch, 28 Juli
Wir verlassen die Þorsmörk zeitig
und fahren auf der gegenüber liegenden Seite der Markarfljót
auf der F261 wieder in das Tal hinein. Nach dem wir den Gletscherlauf
der Gilsá passiert haben erreichen wir schon bald den wohl markantesten
Berg hier im Tal. Der Einhyrningur (dt. Einhorn) verdankt seinen Namen
einer Felsnase. Auf dem Plateau der 190m tief abfallenden Schlucht der
Markarfljótsgljúfur genießen wir den Ausblick auf den Hatten,
einen weithin sichtbaren grünen Berg. Über die F210 erreichen wir
den Álftavatn. Unterwegs treffen wir ganze Volksscharen von Wanderern.
Sie sehen alle etwas abgekämpft aus mit ihrem schweren Gepäck und
bei einer
Temperatur von über 30C°. Unterwegs passieren wir einige schöne Furten in einer so wunderbaren Landschaft, das wir das
Filmmaterial stark reduzieren. Bis hier ist die Straße wirklich gut
zu befahren und sogar Jürgen hat Zeit die Landschaft zu genießen. An der Kreuzung hinter dem Lavafeld
finden wir bald die Abzweigung zum Hrafntinnusker dem wir einige
Kilometer folgen, bevor wir auf den Krakatindur abschwenken. Günter
und Brit wollen die Strecke über den Hrafntinnusker fahren. Wir
anderen entscheiden uns für die angeblich "sanfte"
alternative zur Umfahrung des Solvatarengebietes. Natürlich verfahren
wir uns schon ganz zu Anfang und landen an einer Schutzhütte. Sie
liegt auf einem runden Buckel inmitten bunter Sandberge die in der
untergehenden Sonne noch prachtvoller scheinen. Aber die Straße endet
hier. Also zurück und die Piste suchen. Es sind nur wenig Fahrspuren auszumachen und es liegt immer noch
Schnee. Aber bald finden wir das gesuchte Streckenstück,- um es am nächsten Schneefeld wieder aufgeben zu
müssen. Auf der gegenüber liegenden Seite sehen wir im Hang eine schmale Spur die ins
Tal führt. Wir wenden und finden die Verbindungsstrecke die dort hin führt.
Über Sandpisten, durch enge Lavafelder und an etlichen
Schneefeldern vorbei, müssen wir erst noch zwei "Raketen -
Stiege" bewältigen bis wir endlich ganz weit entfernt die
Landmannaleið ausmachten. Wir folgten der F208 bis zur Landmannalaugar
und waren um 21.00h am Ziel. Hier treffen wir sogar zwei isländische
Hanomags an. Nur von Günter, Brit und Uwe fehlt noch jede Spur.
Donnerstag, 29 Juli
Irgendwann in der Nacht trudeln Günter und Brit unbeobachtet ein und pünktlich zum Frühstück ist auch Uwe wieder bei uns. Heute ist faulenzen angesagt! Zuerst bezwingen Jürgen, Brit, Pit und ich den Bláhnúkur (943m hoher grüner Berg) und sehen uns die Landmannalaugar von oben an. Man hat eine tolle Weitsicht über die nähere Umgebung und die typischen Farben der Rhyolithberge in dem gleißenden Sonnenlicht. Es ist fast unerträglich warm! In kurzer Hose und T-Shirt hole ich mir meinen ersten Sonnenbrand! Als wir wieder nach unten kommen, liegt Güter schon im Hot - Pot. Wir folgen unauffällig und legen uns dazu. Den Kopf in eines der Mooskissen gebettet, lässt es sich gut aushalten. Erst als wir schon Schwimmhäute ansetzen und total verschrumpelt aussehen, verlassen wir das warme Nass.
Freitag, 30 Juli
Unter neugierigen Blicken und etlichen Fotoapparaten und Filmkameras
verlässt unser kleiner Konvoi die Landmannalaugar in Richtung Eldgjá -
Plateau. Die F208 ist eine gut ausgebaute Strecke. Statt in die Schlucht der
40km langen Eruptionsspalte der Eldgjá hineinzufahren, durchqueren wir
zwei weitere Furten und machen uns auf der anderen Seite des Berges an
den Aufstieg. Von hier oben hat man einen guten Blick über die
Schlucht und auf den Ófærafoss, - seit 1993 leider ohne
Natursteinbrücke. Wenn man bis ans Ende des Plateaus fährt und man
ein wenig Glück hat, sieht man von hieraus die Laki -
Kraterreihe. Wir haben hier oben eine tolle Sicht und freuen uns schon
diebisch auf die Lakagígar! Schon drei mal versuchten wir in die Laki zu
fahren und sind immer gescheiter. Vom Plateau runter müssen wir erst
nach Kirkjubæjarklaustur um unsere durstigen Hanomags zu tränken. Der 4.Versuch in die Laki zu fahren wird von immer dichter werdenden
Nebel vereitelt. Wir stehen nun am Fagrifoss, auf halber Strecke und können
es immer noch nicht glauben. Es ist unglaublich, aber das ist Island
life! Man weiß nie welches Wetter hinter dem nächsten Berg auf
einen wartet....! Der Fagrifoss (dt. schöner Wasserfall) wird aus der
Geirlandsá gespeist und fällt weit aufgefächert in die Schlucht.
Noch bevor wir unsere Fotoausrüstung zusammen haben ist uns auch der
Blick auf ihn versperrt. Aber das Nächste mal erwischen wir euch!!! Für die Nacht bleiben wir hier und hoffen das sich der Nebel bis zum
morgen lichtet und wir doch noch fahren können.
Samstag, 31 Juli
NEBEL, NEBEL, NEBEL!! Die Nacht brachte kein besseres Wetter. Also
verlassen wir den Foss und beschließen den Strommasten zu folgen die
ca. 8km vorher rechts abgingen. Wir hoffen auf eine "Abkürzung"
zur F208, weil wir nach Norden fahren wollen. Bis kurz vor einer großen
Furt ist Wartungsstrecke gut zu befahren, doch dann fängt die
Sucherei an. Unser GPS sagt wir sind zu weit!! Doch haben wir vorher
keine Abzweigung gesehen wo ein Weg links abgegangen wäre. Wir wenden und fahren
bis zu dem Punkt zurück an dem das GPS sagte: HIER IST ES!! An einer
Koppel werden wir dann auch tatsächlich fündig. Gatter auf, Hanos
rein, Gatter zu! So einfach ist das. Dieser Teil der Strecke erinnert an
eine Piste "ohne guten Grund" und besteht nur aus "Puzzle
- Teilen". Sie entpuppt sich aber bald als eine unserer typischen
Abkürzungen. Zum teil fahren wir Kilometer weit durch rote Flussläufe.
Nett!! Ansonsten wechseln sich tiefe Erdnarben und hohe Erdhügel als
Straßenbelag ab. Als wir die ersten Häuser einer Farm passieren
kommt die ganze Familie heraus gelaufen. Dem Hühnerbein in
Juniors - Hand nach zu urteilen, ist gerade Mittagszeit. Man kann es
kaum glauben was dort den Berg herunter geschaukelt kommt. Vier Hanomags
und ein Ducato! Die Leute waren sehr freundlich und wollten nur wissen
ob wir wirklich alle Gatter wieder verschlossen haben. Auch die Höhe
unserer Fahrzeuge interessierte den Besitzer dieses Landstrichs.- Seine
Brücke hat nämlich nur
knapp 3,5m Durchfahrtshöhe....! Paßt! Nach 32km und 4 Stunden sind
wir auf der F208. An der Eldgjá vorbei und weiter in Richtung
Landmannalaugar wechseln wir auf die F26 und weiter geht es in Richtung
Sprengisandur. Kurz hinter Sigalda fehlen Uwe und Günter. Später
erfahren wir das Uwe einen Platten hatte und Reifenwechsel angesagt war.
Wir verlieren etwas Kühlwasser und fürchten das die
Zylinderkopfdichtung schadhaft ist!!
Sonntag, 01 August
Das Wetter pass sich unserer düsteren Gemütsverfassung an
und macht dicht. Heute morgen ist der Hano noch gut angesprungen, doch
wir haben keine Ersatzdichtung dabei. Keiner von uns!! - und so machen
wir uns auf in Richtung Laugafell. Günter und Brit machen noch einen
Abstecher zum Gletscher und werden uns später folgen. Die
Sprengisandur ist eine öde und langweilige Strecke, die wir beide
nicht gerne fahren. Unser Hanomag braucht unterwegs fast 7 Liter Wasser,
so das wir sowieso kaum Zeit und Muße haben die Landschaft zu
betrachten. Über Wellblechpisten geht es im schnellen Tempo nach
Laugafell. Erstaunlicher weise ist hier nicht viel los, obwohl doch
morgen Feiertag ist (Verslunnarmannahelgi / Handelsfeiertag). Kann uns
nur recht sein, den so haben wir das Sundlaug für uns. Es ist schon verrückt, wenn man im warmen Wasser sitzt, dabei den Blick
über
die weite Ebene schweifen lässt, ein paar verrückte Raben
beobachtet und draußen der kalte Wind sein Unwesen treibt. Abends
werden wir noch von einem Ehepaar aus Österreich angesprochen. Sie erzählen uns von einem
großen Gletscherlauf in der Askja und das
der Weg zum Kverkfjöll nicht mehr existiert. Entweder sei der Fluss an der Brücke zur Kreppa oder der Jökulsá á Fjöllum über das
Ufer getreten. Genaues wusste der "Warden" auch nicht. So mussten
die beiden über die Gæsavatn Nord raus.